thamar – Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt im Landkreis Böblingen
Am 18. Juli 2018 war Frau Monika Becker, die Leiterin von thamar beim Sozialausschuss zu Gast, um über die Angebote und die Arbeit der Beratungsstelle zu berichten.
Seit 1992 unterstützt thamar Mädchen, Jungen und Frauen bei der Beendigung und Bewältigung sexueller und häuslicher Gewalterfahrungen und konnte somit im vergangenen Jahr ihr 25jähriges Bestehen feiern. Das Angebot der Beratung und Hilfe für Betroffene, Eltern und Angehörige besteht für alle Altersgruppen, jedoch ist thamar überwiegend im Kinderschutz tätig. Im Jahr 2017 fanden 263 Beratungen statt, wobei es sich bei 2/3 der Betroffenen um Kinder und Jugendliche handelte. Das Erleben von häuslicher und sexueller Gewalt ist für Kinder in besonderem Maße traumatisierend und sie benötigen dringend Hilfen.
Thamar ist im Netzwerk Kinderschutz in enger Kooperation mit Jugendamt und Jugendhilfe tätig und berät bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung durch sexuellen Missbrauch auch in der Außenstelle Leonberg und vor Ort an Schulen, Kindergärten, beim Jugendamt, in Jugendeinrichtungen, in Einrichtungen der Behinderten- und Flüchtlingshilfe. Durch die Informationsveranstaltungen für Frauen mit Fluchterfahrung sowie für Haupt- und Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe stieg die Beratung in diesem Bereich stark an. 20 geflüchtete Frauen und Kinder fanden im Jahr 2017 Hilfe bei thamar.
Es werden auch kostenlose Rechtssprechstunden durch NERO angeboten. Bei NERO handelt es sich um das „Netzwerk engagierter Rechtsanwältinnen im Opferschutz“, die ihre Sprechstunden ehrenamtlich ohne Kosten anbieten.
Ein wichtiges Angebot für Betroffene von sexualisierter oder häuslicher Gewalt in akuten Krisensituationen, sowie für deren Bezugspersonen ist der Notruf. Der Notruf ist werktags abends von 20 Uhr bis 7 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen rund um die Uhr unter Telefon 07031/22 20 66 erreichbar. 18 ehrenamtliche Notrufmitarbeiterinnen halten dieses Angebot mit Engagement und großer Kontinuität aufrecht. In Einzelfällen werden Frauen mit ihren Kindern in ein Frauenhaus außerhalb des Landkreises Böblingen vermittelt, wobei die Plätze nicht ausreichend sind. Es besteht dringend Bedarf an einem neuen Frauenhaus im Kreis.
Bei der Online-Beratung unter www.thamarhilfeclick.de können Jugendliche und Frauen zum ersten Mal Hilfe holen und das „Schweigen brechen“. Viele Mädchen nutzen das anonyme Angebot, um endlich jemandem ihr Geheimnis und ihr Leid anzuvertrauen. Von den 106 Anfragen im Jahr 2017 waren nur elf Einzelanfragen. Viele Klientinnen nehmen das Angebot der datengeschützten und professionellen Online-Beratung langfristig und als therapeutische Maßnahme in Anspruch. Es kann jedoch auch Türöffner für eine persönliche Beratung sein.
Die Prävention nimmt einen großen Raum bei der Arbeit ein. Es gibt Informations- und Präventionsveranstaltungen für Schulklassen und Mädchengruppen. Über Sozialprakita‘s wie z. B. an der Otto-Rommel-Realschule in Holzgerlingen stellen Schüler selbst an ihrer Schule das Angebot vor und sind somit die beste Werbung. Im Bereich der Erwachsenenbildung gibt es Fortbildungsangebote z. B. bei der Polizeihochschule, der Katholischen Kirche, TAKKI, Lehrkräften, Jugendhilfe, Einrichtungen der Eingliederungs- und Flüchtlingshilfe und Informationsveranstaltungen an Elternabenden.
Im Jahr 2012 startete der Landkreis in Zusammenarbeit mit thamar das Aktionsbündnis „Kein Raum für Missbrauch im Landkreis Böblingen“. In diesem Bündnis sind beim jährlichen Austausch u. a. das Katholische Dekanat Böblingen, der evanglische Kirchenbezirk Böblingen, das Jugendamt des Landkreises, NERO, weißer Ring, Jugendhilfeträger, Städte und Gemeinden und der Sportkreis vertreten. Im Jahr 2018 findet die 6. zentrale Veranstaltung statt.
Desweiteren bietet thamar Fortbildungen an, so z. B. bei der Entwicklung und Begleitung von Schutzkonzepten in Sportvereinen und Schulen im Landkreis Böblingen. Im Rahmen des Projekts „GELA – Gewaltfrei Leben und Arbeiten“ welches vom Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg gefördert wird, gab es mehrere Fortbildungen zum Thema Prävention für Frauen mit Behinderung bei der GWWgGmbH und in der Dorfgemeinschaft Tennental.
Seit Frühjahr 2018 gibt es mit der „Kreativen Stärkungsgruppe“ ein Angebot der Kunsttherapie, welches durch Spendengelder finanziert wird. Dieses Angebot ist insbesondere hilfreich, wenn die Sprache schwierig ist, z. B. bei Flüchtlingsfrauen und Behinderten, und soll aufgrund der positiven Erfahrungen weiter ausgebaut werden.
Die Förderung durch den Landkreis Böblingen bildet die Basis der Finanzierung von thamar. Es gibt auch Bußgeldzuweisungen durch die Gerichte. Die Beratungsstelle kann jedoch nur dank zusätzlicher Förderung durch Spender, Förderkreismitglieder und Vereinsmitglieder bestehen.
Nach diesem informativen Austausch und einigen Fragen dankte Herr Schnürer im Namen des Sozialausschusses Frau Becker für ihren Besuch. Zur finanziellen Unterstützung von thamar überreichte Herr Schnürer einen Scheck über 400 €. Frau Becker bedankte sich herzlich für diese Spende. Wir wünschen Frau Becker und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von thamar weiterhin viel Kraft für ihre wichtige und wertvolle Arbeit bei thamar.
Für den Sozialausschuss: Silvia Göller