Betriebsseelsorge Böblingen

Walter Wedl kam in Begleitung eines jungen Theologiestudenten der evangelisch-methodistischen Kirche, der derzeit sein zweimonatiges Sozialpraktikum bei der Betriebsseelsorge Böblingen absolviert.

Nach der Vorstellung des Praktikanten berichtete Herr Wedl über seine vielfältigen Aufgaben und Erlebnisse in seiner mittlerweile 12jährigen Tätigkeit bei der Betriebsseelsorge Böblingen.

Seit 2002 gibt es den „STP-Treff“, welcher nach dem Konkurs der IBM-Leiterplattenfertigung ins Leben gerufen wurde. Bis heute treffen sich die ehemaligen Kolleginnen und Kollegen und es gibt immer noch Themen zu behandeln, wie z. B. die Betriebsrente. Die ehemaligen Mitarbeiter von STP waren alle hochqualifiziert, aber die Spezialisierung und interne Ausbildungen wurden auf dem Arbeitsmarkt nicht anerkannt.

Beim „Frauenkontaktfrühstück“ treffen sich alle 14 Tage 4 bis 12 Frauen, die ihre Sorgen und Nöte austauschen können.

In Einzelgesprächen kommen viele Schicksale und traumatische Erfahrungen zu Tage: chronische Krankheiten, Arbeitslosigkeit, familiäre Störungen, z. B. Ehescheidung. Herr Wedl berichtete aus seinen Erfahrungen, dass der Mensch eine Störung verkraften kann, kommen jedoch mehrere Faktoren zusammen, wird es für viele Menschen schwer, ihr Schicksal zu bewältigen. So erzählte er, dass ein Betrieb einen jungen Berufsschüler zu ihm schickte, der in der Schule oft fehlte. Es waren jedoch keine betrieblichen Gründe für das Fehlen des jungen Mannes verantwortlich, sondern familiäre Störungen. Durch die Trennung seiner Eltern sah der Schüler keinen Sinn mehr in der Ausbildung.

Herr Wedl muss feststellen, dass die Armut zunimmt und vor 12 Jahren noch nicht so groß war. Viele Menschen arbeiten heute mit unzureichendem Lohn. Durch den Wettbewerb gibt es immer mehr Lohndumping und dadurch immer mehr Menschen, die weniger als 8 Euro pro Stunde verdienen. Die Zahl der Aufstocker durch das Job-Center nimmt zu. Als größtes Armutsrisiko gelten Arbeitslosigkeit und Ehescheidung. Seit 10 Jahren läuft das Angebot der Sozialdarlehen. Jährlich werden 2000 Euro vergeben. Im Einzelfall gibt es ein zweckgebundenes Darlehen über maximal 500 Euro. Dies geschieht immer mittels Vertrag und nach dem Grundsatz: „Jemandem etwas zu borgen, statt zu schenken, erspart ihm eine Demütigung.“

Herr Wedl muss die Erfahrung machen, dass Burnout immer mehr junge Menschen betrifft. Als Gründe sieht er die Erziehung und Erwartungshaltung mancher Eltern von Kindesbeinen an. Durch „Das Dreieck des arbeitenden Menschen“ von Helmut Heyse zeigte er uns eindrucksvoll die Spannungsfelder zwischen „Ich will arbeiten!“ - „Ich kann etwas!“ - „Ich soll etwas!“ auf.

Auch die Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege sind immer wieder ein schwieriges Thema.

Am Ende des interessanten Berichts sprachen wir gemeinsam das Gebet der KAB. Unser Vorsitzender, Herr Albert Bühler, konnte der Betriebsseelsorge eine Spende über 550 Euro überreichen. Das Geld stammte aus dem Erlös des Straßenfestes 2013. Herr Wedl erklärte, dass diese Spende für Essen und Getränke verwendet werden soll, welche den Besuchern im Arbeiterzentrum kostenlos zur Verfügung stehen. Dies soll mit dazu beitragen, dass die hilfesuchenden Menschen die Kirche als gastfreundlich erleben. Leider stehen viele Besucher vor der bitteren Alternative „Esse ich oder heize ich“ .

Herr Wedl bedankte sich zum Abschluss auf besondere Art für die Einladung und Unterstützung: Er spielte für uns ein flotten argentinischen Tango auf seiner Trompete.

Für den Sozialausschuss: Silvia Göller