„Ein Dach über dem Kopf, Wände, man muss nicht beten“
Bericht über den 2. Besuch des Betriebsseelsorgers Walter Wedl am 13.10.2008 im Pfarrer Schubert Haus in Altdorf
„Ein Dach über dem Kopf, Wände - man muss nicht beten“,
diese Worte des Schriftstellers Rainer Kunze drücken aus, was der Betriebsseelsorger Walter Wedl meint, wenn er von einer Spiritualität der Gastfreundschaft im Arbeiterzentrum der Betriebsseelsorge Böblingen spricht.
Diese knappen Worte vermitteln, was ihn bewegt, wenn er von sich selbst sagt, dass er ein „guter Wirt“ sein möchte, ein Ansprechpartner für die Menschen, die ihn im Zentrum aufsuchen oder an den verschiedenen offenen Treffs teilnehmen. „Iss und trink, erzähle“, das ist sein Motto, so kann Menschlichkeit auf der einfachsten Ebene beginnen. Deshalb versteht es sich von selbst, dass Speisen und Getränke kostenlos auf den Tisch kommen. Sie werden über Spenden finanziert.
Was sind das für Menschen, die Beratung und Gemeinschaft bei der Betriebsseelsorge suchen? Es sind Menschen wie Du und ich, Menschen in Konfliktsituationen in ihrem Arbeitsumfeld, Menschen mit sehr weltlichen Problemen. Diese Schwierigkeiten lassen sich einteilen in zuviel oder zuwenig Arbeit, unzureichende Bezahlung oder Schikane. Wer in seiner Not gefangen ist, für den schrumpft die Welt, reduziert sich auf die Not und den Wunsch, dieser Not zu entkommen, so die Erfahrung von Walter Wedl. Seine Aufgabe als Seelsorger definiert er folgendermaßen: Die Menschen haben ein Sinn-Problem. Hinter der sichtbaren Not steht das Ringen nach Anstand, Würde und vor allem Perspektive, steht die Suche nach Lebenssinn und letztlich auch die Gottesfrage.
Beratungen beginnen mit einem 90minütigem Einzelgespräch. Zuhören ist oberstes Gebot, Hoffnung weitergeben ein zweites. Hierbei helfen Fragen an den Hilfesuchenden. Die Antworten lassen sich in Ideen verpacken. Visionen können entstehen, das Problem in kleine, schrittweise Lösungsmöglichkeiten aufgeteilt, realistische Perspektiven entwickelt werden.
Geldmangel wird in Gesprächen selten als erstes thematisiert, kann aber auch ein wichtiger Faktor sein. In wenigen Fällen wird ein zweckgebundenes Darlehen über maximal € 500,-- vergeben. Dies geschieht immer mittels Vertrag. Geben und Nehmen ist somit gleichwertig und gestaltet sich auf Augenhöhe. Rückzahlungsmodalitäten und Verschwiegenheit auf beiden Seiten sind Teil der Vereinbarung.
Walter Wedl sieht sich im Treffpunkt der Betriebsseelsorge als derjenige, der sich um die Rahmenbedingungen kümmert. Weitere Aufgaben verteilen sich auf mehrere Schultern. Da ist die Arbeitergemeinde. Sie setzt sich zusammen aus Menschen mit und ohne Arbeit, aus unterschiedlichen sozialen Schichten. Hier wird auch immer wieder die Idee des Reiches Gottes auf Erden sichtbar, z. B., wenn es um gemeinsame Unternehmungen wie eine Fahrt in’s Elsass geht: Wer in der Lage ist, hierfür Geld auszugeben, zahlt etwas mehr. Dieses Plus ermöglicht denjenigen, die wenig haben, auch mit dabei sein zu können.
Die Betriebsseelsorge lässt sich mit einer Zwiebel vergleichen. Im Kern steht der Betriebsseelsorger. Eine der Zwiebelschalen ist das Team von 7 Hauptamtlichen, eine andere Schale bilden die Leute aus der Gemeindeleitung. die aus den Gruppierungen heraus entstanden ist, eine nächste der sog. Sympathisantenteil, d. h. Menschen, die der Betriebsseelsorge gewogen sind. Dazu gehören auch wir als Kirchengemeinde. Albert Bühler konnte einen Scheck über € 710,00 aus dem Erlös des Straßenfestes 2007 überreichen. Lt. Definition von Walter Wedl symbolisiert der Wert des Geldes geronnene Lebenszeit von Menschen und ist deshalb hoch zu achten. Arbeit und Zeit wurden von der Kirchengemeinde investiert, um ein Sozialdarlehen zu finanzieren und damit die Not eines Bedürftigen erträglicher zu machen. Dafür dankt Walter Wedl uns allen.
Zeigt sich hier nicht auch, dass sich seine „magische Lebensformel“ bewahrheitet? Er hat sie uns verraten und erklärt sie: Lebensqualität setzt sich aus 6 Faktoren zusammen. Gott hat uns Menschen eine gewisse Lebenszeit geschenkt. Mit unseren Talenten und Fähigkeiten können wir während dieser Zeit Beziehungen knüpfen und gestalten. In der Gemeinsamkeit entstehen Ideen, die sich u. a. zu Geld machen lassen. Aus einer gelungen Mischung all dieser Faktoren, d. h. keiner dieser Anteile darf übertrieben oder zu hoch bewertet werden, entsteht Lebensqualität und im letzten Lebenssinn.
Für den Sozialausschuss: Hanne Koch
Weitere Informationen zur Katholischen Betriebsseelsorge finden Sie hier: Betriebsseelsorge Böblingen