Justizvollzugsanstalt (JVA) Rottenburg

Am 19.5.2011 war Peter Knauf, Gefängnisseelsorger in der JVA Rottenburg, zu Gast beim Sozialausschuss und berichtete über seine Arbeit.

Peter Knauf ist bereits seit 1982 als Seelsorger in der JVA Rottenburg tätig und hat schon viele Häftlinge kommen und gehen – und leider auch wiederkommen sehen.
Er hat Theologie studiert und verschiedene Therapieausbildungen absolviert und arbeitet eng mit einem evangelischen Kollegen und den Kollegen vom psychologischen Dienst und vom Sozialdienst zusammen. Er betreut nicht nur die Häftlinge der JVA, sondern ist auch Ansprechpartner für die Angestellten.
In der JVA Rottenburg sitzen zur Zeit ca. 600 männliche Häftlinge zwischen 25 und 65 Jahren für einen Tag bis lebenslänglich ein.

Zum Arbeitsgebiet von Peter Knauf gehört neben Einzelgesprächen, verschiedenen Gruppenangeboten und Gottesdiensten auch die Vermittlung zwischen Häftlingen und ihren Familien. Dabei kann es um kleine Hilfen wie Tipps zur Gesprächsführung gehen oder eine Fahrkarte für die Ehefrau, die sich die Fahrt zum Gefängnis nicht leisten kann, bis hin zur Begleitung des Häflings, wenn er seine Familie besuchen darf.

Jeden Morgen erhält der Seelsorger durchschnittlich 20 Anträge von verschiedenen Häftlingen. In kurzen Sprechstunden identifiziert er ihre Nöte und Probleme und legt Folgetermine fest, denn oft entstehen Gespräche, die über Wochen fortgeführt werden.
Wenn Peter Knauf feststellt, dass der Bedarf für bestimmte Gruppenangebote groß genug ist, startet  er z.B. neue Bibel- und Korangruppen, Trommelgruppen oder Rosenkranz-Bastelgruppen.

Die Gruppenstunden bieten den Häftlingen die Möglichkeit, sich zu vielen Themen auszutauschen. Oft werden Erinnerungen geweckt, Kindheitserlebnisse erzählt und mit Hilfe des Seelsorgers wird so manches Thema aufgearbeitet.

Im Gefängnis herrscht extreme Hierarchie unter den Inhaftierten und manche Häftlinge werden von den anderen ausgestoßen und sogar körperlich bedroht. Daher werden diese Gefangenen zu ihrem eigenen Schutz isoliert von den anderen in einem separaten Gebäude untergebracht und Peter Knauf bietet für sie gesonderte Kurse, Gottesdienste und Mittagsspaziergänge an.

In der JVA Rottenburg gibt es einige wenige Einzelzellen, viele Zweibett-, einige Dreibett- und sogar einige Vierbettzellen, deren korrekte Bezeichnung heute eigentlich „Haftraum“ ist.
Der Gesetzgeber verlangt inzwischen Einzel- oder höchstens Zweierhafträume, und vor allem abgetrennte Toiletten mit Entlüftung, doch der Umbau in Rottenburg geht leider nur sehr langsam voran.
Die Gefängnisleitung versucht daher möglichst zueinander passende Häftlinge in einem Haftraum unterzubringen, denn alle habe großes Interesse daran, dass es ruhig und einigermaßen harmonisch zugeht. Auch die Fernseher in jeder Zelle – und nicht mehr wie früher in einem Fernseh-Gemeinschaftsraum - sollen zur Ruhe und Entspannung beitragen.

Die Häftlinge arbeiten entweder in gefängniseigenen Betrieben wie z.B. der Schlosserei, Schreinerei, Bäckerei, Gärtnerei oder in Unternehmerbetrieben, die das Werkzeug, die Maschinen und das Material liefern und anschließend die fertigen Produkte wieder abholen. Auf diese Weise werden u.a. Magnetschnäpper montiert oder die Beleuchtung für Autos hergestellt.
Während ihrer Freizeit dürfen die Häftlinge ihre eigene Kleidung tragen, die sie in ihrem persönlichen Spind in ihrer Zelle aufbewahren. Anstaltskleidung – entweder Blaumann oder Jeans und blaue Jacke – müssen sie nur während der Arbeit tragen und wenn sie zum Besucherraum gehen, damit sie schnell von Nicht-Häftlingen unterschieden werden können.

Vier Siebtel seines Arbeitsverdienst muss ein Häftling für das Entlassungsgeld zurücklegen, mit dem Rest kann er einkaufen und z.B. die Miete für den Fernseher bezahlen.
Der Einkauf funktioniert inzwischen per monatlicher Liste, denn der Laden, den es früher einmal gab, wurde aus Geld- und Personalmangel abgeschafft. 40 – 100 € stehen den Häftlingen in der Regel zum Einkauf zur Verfügung und oft reichen die Vorräte nicht bis zum nächsten Einkaufstag. Daher floriert unter den Häftlingen leider der Handel mit Tabak und Drogen sehr gut und Kriminalität ist ein großes Problem. Auch mit diesen Problemen wird Peter Knauf immer wieder konfrontiert.

Für die Arbeit des Seelsorgers wird jährlichen von der Diözese Rottenburg ein kleiner finanzieller Beitrag zur Verfügung gestellt, der gerade ausreicht für das Material, das Peter Knauf in seinen Gruppenangeboten benötigt. Ansonsten ist der Seelsorger auf Spenden angewiesen, um sich z.B. finanziell an der Bahnfahrkarte für eine Ehefrau oder dem Geburtstagsgeschenk für das Kind eines Häftlings beteiligen zu können.
 
Den alljährlichen Scheck über 400,- €, der ihm am Ende seines interessanten Vortrages von Albert Bühler im Namen des Sozialausschusses überreicht wird, nimmt Peter Knauf daher dankbar entgegen.

Für den Sozialausschuss
Jutta Stäbler